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Freiberufler und Lebenslauf

FreiberuflerInnen, wie zum Beispiel Übersetzer und Lektoren sind meistens nicht festangestellt. Sie arbeiten für verschiedene Auftraggeber, manchmal nacheinander, manchmal gleichzeitig, ohne dass die verschiedenen Auftraggeber voneinander wissen. Aufgrund der über die Jahre gesammelten Erfahrungen entsteht ein eigenes Profil, oder auch Lebenslauf genannt, sowie eine mehr oder weniger lange Kundenliste, die man als Freiberufler ganz stolz vorweisen kann

Lebenslauf

Die Aufträge kommen zum Teil von den Stammkunden selbst, zum Teil durch neue Kunden oder durch Kollegen. Die Wege zu neuen Kunden sind sehr vielfältig. Eine von vielen möglichen Kontaktaufnahmen zwischen Auftraggebern und Freiberuflern kann über die Ausschreibung eines Projekts auf einem Portal erfolgen, auf dem die Übersetzer ihr Profil angelegt haben und auf denen Agenturen oder Privatpersonen ihre Aufträge veröffentlichen. Dann erfolgt meistens eine Art Auktion, in der die Freiberufler bzw. Übersetzer ihre Preisvorstellung und den geschätzten Abgabetermin angeben.

So weit so gut.

Es überrascht mich aber immer wieder, dass in diesen Ausschreibungen nach wie vor nach dem Lebenslauf des Freiberuflers gefragt wird, meistens in Form eines PDF-Dokuments. Außer bei den diplomierten Übersetzern, die mit dem Lebenslauf ihren Titel bei diesen ungeschützten Beruf nachweisen können, sagt ein Lebenslauf m.E. über die Qualifikationen eines Übersetzers für die Vergabe eines sehr konkreten und manchmal einmaliges Übersetzungsprojekts wenig aus.

Für ein konkretes Übersetzungsprojekt braucht man sehr spezifische Fachkenntnisse und Erfahrungen, die ein Übersetzer am besten über eine Kundenliste vorweisen kann. Ein Lebenslauf dagegen fasst das gesamte Ausbildungs- und Berufsweg eines Menschen in einem knappen Dokument zusammen und kann nicht großartig ins Detail gehen.

Hinzu kommt, dass wir im Internetzeitalter leben. Es gibt viele Plattformen und berufliche Netzwerke, bei denen man ein Profil bzw. Kompetenzen und die angebotenen Dienstleistungen anlegen und auflisten kann, wo man gelernt, studiert und überall gearbeitet hat. Sie sind quasi digitale Lebensläufe, mit Fotos und allem, was dazu gehört. Sie haben aber den Vorteil, dass man in diesen Profilen viel mehr schreiben kann als in einem Lebenslauf auf Papier.

Wenn ein Auftraggeber also unbedingt den Lebensweg eines Freiberuflers vom Kindersalter aus lesen möchte, kann er ruhig nach einem solchen Profil fragen. Man könnte dann einfach nur einen Link schicken. So was habe ich aber noch nicht erlebt bzw. bis jetzt in keiner Ausschreibung oder einer direkte Anfrage gelesen.

Ich würde mir also wünschen ...

(1) ... dass Auftraggeber uns Freiberuflern nach Profilen fragen und nicht nach unseren Lebensläufen. Profile sagen viel mehr über unsere Kompetenzen und was wir für die Kunden tun können als mein gesamter Bildungs- und Berufsweg.

(2) ... oder dass potentielle Auftraggeber nach unseren Profilen in Internet fragen, anstatt einen altmodische Lebenslauf zu bemühen. Oder dass sie selber danach suchen. Im Zeitalter von Suchmaschinen und Co. sollte das kein mehr Geheimnis sein, oder?

Wie dem auch sei, die Praxis, Freiberufler nach einem Lebenslauf zu fragen, bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht liegt es einfach daran, dass Auftraggeber den Lebenslauf nach wie vor verlangen, weil man das immer so gemacht hat, und die wenigstens darüber nachdenken, warum sie das so immer noch machen.

Oder haben Sie eine andere Erklärung dafür?

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